Gerade stehe ich im OP herum
und tue nichts, als mir eine aufgeregt Anästhesieschwester zuflüstert: „Der
nächste Patient, das ist vermutlich ein Krimineller! Der hat Verbindungen zur
japanischen Mafia.“ „Aha“, denke ich mir und lese misstrauisch den OP-Plan auf
dem ein asiatisch aussehender Name aufgeführt ist. Weitere Anwesende wissen
mehr Details wie z.B.: der Mann habe immer einen Bodyguard und einen
Privatbutler bei sich und seinen Aufenthalt bezahle er in bar. „Das hört sich
ja alles sehr realistisch an“, denke ich mir weiter, beschließe aber bei der
entsprechenden Narkoseeinleitung zufälligerweise woanders zu sein. Diesen
Vorsatz ersetzt mein eifriges Gehirn kurz darauf mit der wichtigen Information,
dass Tossy II eine Ruptur des Ligamentum acromioclaviculare und eine Überdehnung
des Ligamentum coracoclaviculare meint.
Hierauf laufe ich kurz später
unbedarft in den Narkoseeinleitungsraum, wo schon ein Mann mit großflächigen
Drachentattos liegt.
„Hallo PJler! Wie schön, dass
du da bist. Du hilfst doch kurz bei der Narkoseeinleitung?!“ ruft der
Anästhesist fröhlich. Er steht mit der Anästhesieschwester am anderen Ende des
Raumes und trägt Dinge in das Protokoll ein. Zum Glück scheint man den
Privatbutler und den Bodyguard nicht mit reingelassen zu haben.
„Fang‘ doch schon mal an mit
der Präoxygenierung!“ ruft der Anästhesist.
„Ja hallo“, begrüße ich den
Patienten, „und hier halte ich ihnen einen kleine Maske vor, aus der Sauerstoff
kommt.“
„Er spricht nur Englisch und
Japanisch!“ ruft der Anästhesist jetzt vom Fußende des Patienten aus, wo er mit
den Narkosemedikamenten bereitsteht. Am Fußende?! Die Schwester verschwindet
unauffällig hinter dem Narkosewagen. Zufälligerweise vergesse ich in diesem
Augenblick sofort die englischen Wörter für „Sauerstoff“, „Maske“, „tief
einatmen“ und ähnliches. Das ist aber egal denn der Anästhesist hat sich nun
neben den Patientenarm mit der Kanüle geschlichen und besonders schnell alle
seine Schlafmedikamente gegeben. Zoing. Innerhalb Sekunden schläft der Patient.
Gesagt hat er bis jetzt nichts. Die Anästhesieschwester kommt wieder hinter dem
Narkosewagen hervor.
„Naja“, denke ich mir, „zum
Glück habe ich wie alle im OP eine Haube und einen Mundschutz an. So erkennt
mich der Patient nie wieder und ich bleibe der japanischen Mafia unbekannt.“
Zugunsten dieses aufregenden
Erlebnisses, vergesse ich dann noch schnell die Definition von Tossy II.
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