Sonntag, 17. März 2019

Der Super Pli-Pla-Plan


Es war ein schöner Vormittag. Gerade ich erzählte dem PJ Studenten die Geschichte vom tollen Tagesplan: „Erst entlassen wir die Frau Glomb-Mimp, dann machen wir Visite und dann erledigen wir alles was wir uns bei der Visite ausgedacht haben.“ Dieser Plan gefiel mir gut und ich kam bis „Frau Glomb-Mimp entlassen“.

Hier rief Dr. Gimbele,  Intensivarzt, an und sagte: „Gaaaahhh AAhh Rghlll AAAAAA!“ Gerade habe die Zahl der komplizierten Notfallpatienten rapide zu genommen. Drei davon sollten dringend verlegt werden. 

Dr. Gimbele sammelte nun Notärzte für die Verlegungen, während er auf seiner supervollen Intensivstation im Viereck sprang. Vermutlich war dies schlecht für Gimbeles Blutdruck aber kurze Zeit später waren alle verfügbaren Notärzte der Klinik eingesammelt. Ich wurde als einer derer deklariert.

„WAAAS?“ sagte mein Stationsoberarzt, „kann das nicht jemand anders machen?“ Weil er selber aber nicht jemand anders sein wollte, war es halt ich.

„Tschüss PJ Student“, sagte ich, „Viel Spaß auf der Station. Bis in 3 Stunden oder so.“ 

Dann war schon der Rettungsdienst da, der mich und den zu verlegenden Patienten, den äh Herrn Klumpl, mitnehmen wollten. Motiviert betrat ich die Intensivstation und notierte mir Notizen zu Herrn Klumpl, die Dr. Gimbele diktierte, bevor er zur nächsten Verlegung sprang. 

Wir verlegten Herrn Klumpl auf die Trage und dann legten wir 4 Spritzenpumpen dazu, eine extra Infusion, das Beatmungsgerät, unseren Monitor, das arterielle Blutdruckmesssystem, eine Extrainfusion, das Gepäck des Patienten und noch mehrere andere Dinge. Am Ende bedeckten wir den Berg mit einer Decke, verabschiedeten uns erfreut und zogen Herrn Klumpl aus der Station. 

Oder fast. So ähnlich. Im Flur der Intensivstation führte Herr Klumpl denn leider eine größere Menge Diarrhö ab und lag als Folge dessen in einem großen See an Durchfall, der vorn von der Trage zu tropfen begann. Dies empfanden wir als unvorteilhaft und schoben Herrn Klumpl wieder zurück. Dann legten wir die Spritzenpumpen, die Infusion, den Monitor, das Beatmungsgerät und andere Dinge auf die Seite. Manche Sachen warfen wir auch in einen großen blauen Müllsack.
Unter Bindung ca. 2/3 des Personals der Intensivstation versorgten wir Herrn Klumpls akutes Problem auf der Trage. Nach ca. 20 min waren wir soweit und Herr Klumpl mit einem neuen Handtuch bedeckt. Dieser schlief zum Glück superstabil weiter in friedlicher Narkose. Wir nahmen also wieder alles wieder mit. Die Spritzenpumpen, eine neue Infusion, ein neues arterielles Druckmesssystem blabla usw.

Nur noch so mittelmäßig erfreut starten wir zum zweiten Versuch die Station zu verlassen, was uns erfolgreich gelang. Wir erreichten frohgemut den Rettungswagen, luden Patient und Gerätschaften ein, verteilten alles gerecht im Auto und fuhren los. Juhu.

Nach Erreichen der Hauptstraße fuhren wir so 500 Meter. Hier kamen wir zu einer Menschenmenge, die uns wild winkten. Diese umringten eine blutüberströmte Frau, welche am Boden lag.
Den Notfallsanitäter bei Herr Klumpl zurücklassend, welcher zum Glück kreislaufstabil auf der Trage ruhte, wanderte ich zur blutüberströmten Frau. Die Dame sei schlimm gestolpert und mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen. 

„Habe sie denn schon den Rettungsdienst gerufen?“ fragte ich die Menschentraube. 

„Nö. Sie sind ja so schnell da gewesen.“

„Hmhm“ 

Nun denn riefen wir also den Rettungsdienst an. Wir bräuchten mal zügig einen extra Rettungswagen. Herr Klumpl sollte nämlich ebenso zügig weg hier.

Dann verschwand die Menschentraube, weil jetzt war ja ein Notarzt mit Personal da und wir beförderten die blutende Frau in den Schatten unseres Autos, wo wir sie Erstversorgen und gleichzeitig Herrn Klumpl besser im Auge behalten konnten. 

Es erreichte uns kurz darauf ein weiterer Rettungswagen. Beide Rettungswägen zusammen waren zu breit für die Straße, so dass diese blöderweise kurzfristig blockierte war. Sogleich fragte uns ein erboster Autofahrer, warum wir das tun würden, es handle sich doch wohl offensichtlicher Weise nicht um lebensbedrohliche Probleme. Gerne hätte ich hier meinen beatmeten Patienten vorgezeigt, der nicht ohne Grund notärztlich verlegt wurde, aber das wäre nicht legal gewesen und deswegen nickten wir und sagten, wir würden gleich wieder ganz schnell wegfahren.

Das taten wir dann auch und erreichten ohne weitere Unterbrechungen die Uniklinik der Wahl, in welcher wir Herrn Klumpl wohlbehalten abgaben. 

Hieraufhin fuhren wir zurück und standen sofort im Stau. 

Als ich meine Station erreichte, war der PJ Student (pünktlich) heimgegangen. 
Ich fragte hoffnungsvoll den Stationsoberarzt: „Haben sie vielleicht schon Visite für mich gemacht?“
„Nö.“
Na dann.


1 Kommentar:

  1. Ich wollte dir nur sagen wie sehr ich diesen Blog liebe. Jeder neue Blogpost wird von mir gefeiert. Dein Schreibstil ist einfach spitze. DANKE!

    AntwortenLöschen