Samstag, 13. März 2021

Unverzüglich und sofort.

 

Es war später Abend ein steter Strom an Menschen besuchte das Klinikum. Soeben zog ein Notarztkonglomerat einen jungen Mann auf der Liege in die Notaufnahme.

„Das ist dein Patient“, sagte Schwester Margarita, „der kommt mit Thoraxschmerzen.“

Alle Leute mit nicht traumabedingten Brustschmerzen werden glorreich als potentiell einem Herzinfarkt-erliegend eingeordnet und so ging ich dem Triageprogramm folgend unverzüglich und sofort hin zu dem Mann, der zwar keine Herzinfarkt-typische Konfiguration aufwies (d.h. 40 Jahre zu jung), aber wer weiß.

Praktikant Thomas reichte mit das sofort erstellte und unauffällige EKG und ich fragte meinen neuen Patienten was denn los wäre.

„Äh ja“; sagte Herr Bolgomi, „also heute Mittag da verspürte ich so einen komischen, leicht ziehenden Schmerz links unter der Brust. Vor allem wenn ich mich nach links beugte. Da war ich etwas ratlos und googelte es im Internet. Es gab aber nur ‚Schmerzen IN der Brust‘ und nichts mit ‚Schmerzen UNTER der Brust, die insbesondere bei einer Neigung nach links auftreten‘. Daraufhin rief ich die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes an, denn ich machte mir Sorgen, was ich denn nun tun solle und erhoffte mir eine Beratung bezüglich des Schmerzes. Die Person sagte, ich solle mir keine Sorgen machen und er würde jemand schicken. Dies erschien mir übertrieben, aber der Telefonberater beruhigte mich und ich erwartete froh den Bereitschaftsarzt oder so etwas ähnliches. Wenige Minuten später hörte ich multiple Sirenen und Leute in Rettungsuniform eilten auf mein Haus zu. Ich öffnete die Tür und sagte ‚Äh ja sie wollen zu mir?‘ Dann lief ich mit zum Rettungsauto und hoffte, dass keine Nachbarn zuschauen würden. Der engagierte Notarzt sagte ‚Joa, da nehmen wir sie mal mit.‘ und zack hier bin. Äh, also kann ich jetzt wieder heimgehen? Die Schmerzen sind auch schon wieder besser.“

Wir stellten dann nochmals kurz professionell fest, dass das tatsächlich kein Herzinfarkt war, sondern eher eine muskuläre Verspannung und dann ging Herr Bolgomi schnell wieder heim.

 


 

5 Kommentare:

  1. Hurra, ein neuer Post!!!
    LG Doris

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  2. Vielen Dank für einen weiteren tollen und mit viel Humor geschriebenen Beitrag. Ich weiß, warum ich hier fast täglich reinschaue.

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  3. Ich musste sehr lachen :) wie oft war ich bei einem andern Herrn Bolgomi, der einfach nur mit einem Arzt sprechen wollte und keine Lust auf Notarzt und Krankenhaus hatte :) ich hab dann auch oft gesagt: joa, dann kommen Sie mit :D

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  4. Auch ich habe erheitert schmunzeln müssen. Man kennt das.

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  5. das mit dem ärztlichen bereitschaftsdienst ist echt so eine sache.
    ich rief am wochenende nachts um 3 dort an, weil ich als frisch operierte extrem starke schmerzen hatte. da sagte man mir, hm, also einen bereitsschaftsarzt oder sowas hätten sie jetzt nicht. ich könne in 5 stunden noch mal anrufen oder aber sie schicken jetzt einen krankenwagen. weil ich schon wieder am schwitzen und schnappatmen war wegen der schmerzen, hab ich ja gesagt zum krankenwagen.

    in klinik fassten sich dann ärzte und pfleger an den kopp. es gäbe angeblich genug bereitschaftsärzte und die krankenwagen-orgie führe lediglich zu einer überlastung der feuerwehr und der notaufnahme. als patient weiß man dann auch nicht so recht, wem man in diesem gesundheitssaftladen noch trauen soll. dem bereitschaftsdeinst also offenbar nicht?!

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