Frau Krumpl wurde von ihrem Hausarzt ins Klinikum Beteigeuze
geschickt, da sie schlecht Luft bekäme. Man sollte das mal genauer analysieren.
Der Aufnahmearzt notierte sich Beinödeme und brodelnde Geräusche über der
Lunge, diagnostizierte hieraus eine Stauungspneumonie und schickte Frau Krumpl auf
eine Station.
Mit einem Standard-Antibiotikum verlief die Therapie der
Lungenentzündung super. Die entwässernde Therapie war dagegen nicht so der
Erfolg. Frau Krumpl schimpfte, wir würden alles nur noch schlimmer machen.
Daheim hätte sie NIE Wasser in den Beinen gehabt! Ich wedelte mit dem
Aufnahmebogen herum, auf dem groß „BEINÖDEME AUF BEIDEN SEITEN“ stand und auch
die Vielzahl an beliebten Wasser- und Blutdruckmedikamenten, welche schon im
häuslichen Einsatz der Frau Krumpl waren, widersprachen der Theorie, dass das
ein neues Problem war.
Frau Krumpl war mit diesem belehrenden Vortrag jedoch nicht einverstanden
und streckte ihrerseits ihre Beine in meine Richtung, an deren Unterschenkeln
sich langsam Wasserblasen bildeten. Zugegebener weise hatte sie trotz unserer
Supertherapie inklusive Erhöhung der entwässernden Medikation weitere 5 Kilo
zugenommen. Ich intensivierte unsere Anti-Wasser-Therapie weiter und belästigte
die Kardiologen, man solle doch endlich mal den versprochenen Herzultraschall
machen, auf dass wir wüssten was die Ursache der Probleme wäre, vielleicht die
vorbekannte Veränderung einer der Herzklappen?
Die echokardiographisch tätigen Kardiologen ließen
sich schließlich zu so einer professionellen Ultraschalluntersuchung hinreißen und teilten
mir mit: Jop. Alles ist viel schlimmer geworden. Frau Krumpl habe nun eine sehr
schwere Verengung einer essentiellen Herzklappe, daher die jetzige Dekompensation mit
Wassereinlagerungen. Man müsse das nach medikamenteninduzierter
Wasserentfernung unbedingt operieren.
Wir trafen uns nun also alle mit Frau Krumpl und deren
Angehörigen um das zu besprechen. Intensives diuretisches Vorgehen mit unseren
fancy und hochdosierten Super-Medikamenten und dann dringend OP.
„Jop“, sagte Frau Krumpl, „ich wollte fragen ob sie hier
auch Akupunktur machen? So gegen Wasser?“
„Öh nein“, sagte ich, weil von Antiwasserakupunktur hatte ich noch nie gehört. Ganz davon abgesehen, dass dieses Krankenhaus lavendelgetränkte Watte-Schmetterlinge als höchstes der alternativheilkundlichen Gefühle verteilte. Dies wollte ich Frau Krumpl lieber nicht anbieten. Auch riet ich vom Transport zum 100 km entfernten Entwässerungs-Akupunkteur ab, denn Frau Krumpl war in keinem Zustand der täglich stundenlanges Herumgefahre freundlich überstanden hätte, ganz zu schweigen bezüglich der versicherungsrechtlichen Probleme.
„Öh nein“, sagte ich, weil von Antiwasserakupunktur hatte ich noch nie gehört. Ganz davon abgesehen, dass dieses Krankenhaus lavendelgetränkte Watte-Schmetterlinge als höchstes der alternativheilkundlichen Gefühle verteilte. Dies wollte ich Frau Krumpl lieber nicht anbieten. Auch riet ich vom Transport zum 100 km entfernten Entwässerungs-Akupunkteur ab, denn Frau Krumpl war in keinem Zustand der täglich stundenlanges Herumgefahre freundlich überstanden hätte, ganz zu schweigen bezüglich der versicherungsrechtlichen Probleme.
Alternativ stellte mir nun Frau Krumpls Sohn eine Sammlung
an Schüsslersalzen vor die Nase, ob das denn nicht was wäre. Auch hätte er in
diesem Homöopathiebuch verschiedene Globuli und auch andere Medikamente herausgesucht,
ob ich das empfehlen könne? Was wäre denn mit dem Strophantin D4? Könne man
nicht das geben? Familie Krumpl war sehr höflich, bestand aber nun auf eine
naturheilkundliche Beratung. Was würde ich denn nun da empfehlen?!!
Inzwischen fühlte ich mich sehr verwirrt, erklärte das Salz
an sich bei Herzinsuffizienz suboptimal wäre und Strophantin sowieso nicht mehr
leitliniengerecht sei, wir hätten da bessere Medikamente; bezüglich
Schüsslersalzen und Globuli gäbe es auch an sich keine wissenschaftliche Evidenz
(abgesehen der Placeboeffekt). Da beides hochverdünnt sei, hätten wir aber, wenn
der Wunsch danach bestände prinzipiell kein Verbot derer.
„Ok“, sagte Frau Krumpls Nichte und schlug das Buch an einer
anderen Stelle auf, „was wäre denn dann mit dem Convallaria? Wäre das nicht was?“
Meine Lateinkenntnisse hatten mich schon lange vorher verlassen und ich
erklärte, ich würde das mit dem Convallaria nachschauen. Bis dahin würden wir
unsere schulmedizinische Antiwassertherapie mit beliebten Diuretika wie
Furosemid fortsetzen.
Dies funktioniert nun nach den initialen Problemen sehr
ordentlich und ich plante all die präoperativen Untersuchungen für die
Herzklappen- Operation, woraufhin mich Frau Krumpl’s anderer Sohn anrief, was
denn mit dem Convallaria wäre, ich hätte doch zugesagt, mir das zu überlegen.
Glücklicherweise hatte ich dies als professioneller Arzt in diesem Internet
nachgelesen Convallaria majalis wären Maiglöckchen, welche prinzipiell herzwirksame
Glykoside enthalten. Das von Familie Krumpl
angestrebte Maiglöckchenpräparat war jedoch hochhomöopathisch verdünnt, so dass ich
nochmals erwähnt, dass es hier keine Wirkung über den Placeboeffekt hinaus
gäbe, aber wenn Familie Krumpl unbedingt ein homöopathisches Mittel anwenden
wolle, dann könne man das schon machen und zum Beispiel das
Convallaria-Globuli-Präparat nehmen. Frau Krumpls Sohn war sehr erfreut und
fragte sofort, was ich denn dann für eine Dosis empfehlen würde. Verzweifelt
sagte ich hier, man könne ja mal mit einem Globulus pro Tag anfangen (immerhin
ist es dann nicht so teuer!) und schauen, wie Frau Krumpl das äh vertrage.
So machen wir es dann und nach 3 Wochen konnten wir Frau
Krumpl erfolgreich zur Herzklappenoperation schicken.
Juhuuu, Neues aus dem Klinikum irgendwo bei Beteigeuze! Jedesmal ein Highlight.
AntwortenLöschenIn der Darstellung der Familie Krumpl wird es später bestimmt heißen, Mama Grumpl habe nur durch Convallaria überhaupt erst operiert werden können; das ist natürlich Quatsch. Manche Probleme kann man nur mit experimenteller Alienmedizin angehen.
Ja da gehe ich auch davon aus. Ohne das Globulus wäre das nix geworden :)
AntwortenLöschenEs ist doch immer wieder erschreckend, wie viele -auch gebildete Menschen- heutzutage wieder auf alternative Medizin zurückfallen, bzw der Homöopathie huldigen. Sich sonst im Alltag auf alle möglichen Studien und auf die Wissenschaft berufen, aber an die Wirksamkeit der Schulmedizin wird auf einmal nicht mehr geglaubt. Ich bin auf jeden Fall froh, dass die Frau noch ihre OP bekommen hat... Mit Globuli wäre das alles schwer geworden :)
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