Ausnahmsweise war es mitten am Tag und high life auf der
Intensivstation. Gegen 13 Uhr oder so ähnlich häufte sich der Piepsalarm an
Frau Bliebs Beatmungsgerät und die Pflegekräfte dachten sich etwas in der Art:
„Öh da stimmt was nicht. Der Arzt muss her.“
„Hmhm“, sagte ich und starrte misstrauisch auf das
Beatmungsgerät, welches außer eine Vielzahl an Knöpfen auch einen Touchscreen besaß,
welcher lichtempfindlich war und die Helligkeit an seine Umgebung anpasste.
Die Intensivschwester hielt nun einen Monolog an Dingen,
die sie selbst versucht hatte, aber von denen nichts funktioniere. Da die
Intensivschwester schon ungefähr 30 Jahre auf dieser Station arbeitete und sämtlich
Winkelzüge eines solchen Beatmungsgerät mit geschlossenen Augen und ohne Hände
beherrschte, fiel mir jetzt auch nichts besseres ein
Ich zückte nun denn mein Super-Arzt-Stethoskop um die
Patientin abzuhören und da sich das Atemgeräusch rechts deutlich leiser anhört,
machte ich um hier noch etwas mehr Aktionismus zu versprühen einen Ultraschall
und verordnete ein sofortiges Röntgen.
Im Anschluss rief ich meinen Oberarzt an (ein beliebter
Internisten-Winkelzug), welcher sich nun auch zum piepsenden Gerät und der
Patientin begab.
„Hmhm“, sagte der Oberarzt und die Schwester wiederholte
o.g. Monolog.
„Ja“, sagte schließlich der Oberarzt, „sie habe ja dieses
Röntgen gemacht und in Zusammenbetracht mit ihrem tollen, stethoskopisch
erhobenen Befund, liegt vermutlich eine Schleimverlegung der rechten Lunge vor.
Lasst uns eine Notfall-Bronchoskopie machen.“
Kurz darauf standen wir nun also im abgedunkelten Zimmer,
es ertönten wilder Alarme vom Monitor und Beatmungsgerät und Frau Bliebs
Herzkreislauf, der auch nicht der Beste der Welt war, begann nun deutlich zu
schwächeln. Die Schwester rannte ein Katecholamin holen, der Oberarzt saugte
schimpfend Schleim aus der Lunge ab und ich hing irgendwie halb über dem
Patientenbett und assistierte dem Oberarzt in seinem Unterfangen.
Gerade schloss nun unserer Schwester das Kreislauf
unterstützende Medikament an, der Oberarzt rief: „Urgh, ein mikrobiologisches
Röhrchen für eine Schleimprobe bitte!“ und ich versuchte mit einer Hand den
Alarm des Monitors zu bestätigen, da öffnete sich die Zimmertür und der
Postbote betrat den Raum.
„Ist das Frau Blieb?“ fragte der Postbote und holte einen
Brief aus der gelben Posttasche.
„Öh“, sagten der Oberarzt, die Intensivschwester und ich.
„Ich muss diesen Brief von Gericht persönlich zustellen!“
sagte der Postbote nun ungeduldig.
„Moment“, rief die Intensivschwester, „das ist eine
Intensivstation! Wie sind sie hier überhaupt reingekommen!?“
Der Postbote wedelte ungeduldig mit dem Brief.
„Ding-Ding-Ding Superbeatmungs-Alarm!!!“ schrie das
Beatmungsgerät.
„Also, jetzt ist gerade schlecht“, sagte ich zum
Postboten und half dem Oberarzt einen großen Schleimklotz vom Bronchoskop zu
entfernen.
„Aber ich muss diesen Brief persönlich übergeben“, rief der Postbote, entschied dann, dass die Frau im Koma vor ihm wohl die
gewünschte Frau Blieb sein musste und er diese ja nun persönlich getroffen
hätte. Daraufhin und vermutlich auch, weil die Intensivschwester sich gerade
anschickte ihn persönlich zu erwürgen, überreichte er der Intensivschwester
besagten Brief und verschwand wieder.
Nach dem Absaugen des Eiterschleims ging es Frau Blieb
dann auch beatmungstechnisch wesentlich besser und wir drapierten ihr den Brief
freundlich im Nachtkästchen.
😂😂😁😁
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