Sonntag, 27. November 2016

Morgenmensch



Der Morgen graute so vor sich hin. Die Nacht war dunkel und stürmisch gewesen. Im Krankenhaus hatte man davon nicht mitbekommen, weil die Flurbeleuchtung die ganze Nacht brennt und so dem Dienstarzt leuchtet, der nicht schlafen kann, weil er arbeitet.
Das hatte ich tugendhaft die bis dahin vor sich hin triefende Nacht getan und jetzt hätte ich gerne geschlafen, denn mein Körper signalisierte ganz deutlich, dass nun ein Schlafzyklus an der Reihe wäre.
Naja.
Kennt ihr das? Ihr habt so einen Magen-Darm-Infekt. Erbrechen, Durchfall… nach zwei Tagen ist es vorbei. Fertig. Super.
Frau Genesch-Müller war besorgt, nachdem dieser Infekt am Nachmittag begonnen hatte und nun am Morgen gegen 4 immer noch nicht vorbei war.
Jetzt hatte sie sich insgesamt drei Mal Erbrochen und der Bauch grummle auch etwas.
„Hmhm“, sagte ich mit etwas monotoner Stimme und ließ mich auf einen Hocker fallen, „erzählen sie mehr.“ (Ja ok, das sagte ich nicht. Ich sagte nur „hmhm“.)
Frau Genesche-Müller erklärte nun, dass sie eigentlich geschlafen habe und nun wieder aufgewacht wäre, woraufhin sie sich erbrochen habe.
„Und dann sind sie hier hergekommen“, sagte ich, das offensichtliche bestätigend. Ich schob mich samt Hocker zum Schrank und besorgte mir ein paar Handschuhe.
„Ja!“ sagte Frau Genesche-Müller.
Ich drückte sehr langsam auf ihrem Bauch herum und sagte ebenso langsam nach einer längeren Pause: „Der Bauch tut aber nicht weh?“
„Nein, also nur ein bisschen.“
„Hmhm     können sie zeigen wo?“ ich versuchte etwas Empathie in meine Stimme zu legen.
„Hier.“
„Ah..., aber wenn man feste drückt, macht ihnen das nichts aus?“
„Nein.“
„Hm.“
Hier zeigte sich dann, dass mein empathischer Plan irgendwie nicht aufging.
Frau Genesche-Müller runzelte die Stirn: „Sind sie immer so schlecht gelaunt am Morgen?! Oder sind sie einfach kein Morgenmensch?“
„Äh ja, genau, kein Morgenmensch“ sagte ich hier.
Frau Genesche-Müller, ein energisch-fröhlicher Morgenmensch, wie es schien, sprang dann kurz darauf wie ein junges Reh (oder so ähnlich) aus der Aufnahme. Eine stationäre Aufnahme wäre vorerst nicht nötig, hatte ich ihr versichert.


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