Samstag, 21. Mai 2016

Ein Piepsakt



Da war ich also wieder mal so ein Dienstarzt und in meiner Tasche steckt glorreich ein Notfallpiepser. Der Notfallpiepser bricht in ohrenbetäubendes Piepsen aus, sobald irgendwo in der Klinik ein lebensbedrohlicher Notfall vorfällt und einer der Involvierten gleich einer Reanimation bedarf. Vermutlich. Manchmal ist es nämlich nur ein Kommunikationszentralen-herr, der die korrekte Funktion des Piepsakts überprüft.
Alle Piepserbesitzer begeben sich im Rahmen des Piepsgeschehens dann sofort zum Notfallgeschehen und führen wichtige Notfallhandlungen aus.
Egal, ich trug also diesen Piepser und weil in so einem Krankenhaus jetzt nicht dauernd jemand stirbt, piepst dieser auch fast nie.

Dann ging ich irgendwann mal auf’s Klo, weil ich da schon länger nicht mehr war. Während meines Kloaufenthaltes klingelte dann auch gleich das Telefon. Nun erwartete ich auch tatsächlich einen sehr wichtigen Anruf vom Labor. Deswegen drückte ich „Anruf annehmen“ und es überfiel mich statt des Labors Frau Miederfanns Sohn, der mehr Details zu seine Mutter wissen wollte und leider ein unverbesserlicher öh, hm: also wenn andere Leute sagen:
„Hallo“
dann sagte Herr Miederfann mindestens:
„Und einen schönen guten Tag wünsche ich ihnen hiermit an diesem Tag heute und hier, der wirklich gut ist dieser Tag, finden sie nicht auch? Auf jeden Fall begrüße ich sie hiermit und nun …“
Ich versuchte Herrn Miederfann klarzumachen, dass es jetzt echt ungeschickt wäre und ich später zurückrufen würde, was in einer Unterhaltung ähnlich dieser resultierte:
„Das ist jetzt sehr ein schlechter Zeitpunkt. Ich…“
„Ah jaja verstehe Frau Zorgcooperations. Da haben sie sicher sehr viel zu tun. Heute ist es ja auch so heiss draußen. Da gibt es sicher viele Kranke. Ja da müssen sie sicher viel tun und ich will sie dabei gar nicht behindern. Nein ich bewundere was die Ärzte heutzutage so leisten!“
„Vielen Dank Herr Miederfann. Da würde ich sie später zurückrufe…“
„Das ist aber nett von ihnen Frau Zorgcooperations. Ich muss wirklich wissen wie es meiner Mutter geht. Sie hat diese Arthrose schon so lange. Wir wissen gar nicht was wir machen sollen. Früher hat sie ja noch Sport gemacht und ist immer zur Frauengymnastik gegangen. Aber jetzt wo auch noch ihre Katze Fifi gestorben ist..“
Ich überlegte ob es sehr unhöflich wäre nun einfach aufzulegen und versuchte gleichzeitig meine Hose anzuziehen ohne das Telefon ins Klo zu werfen, welches wackelig zwischen meinem Ohr und der Schulter klemmte.
PIEP PIEP PIEP erklang da mein Notfallpiepser.
„Oh ein Notfall. Jetzt muss ich wirklich aufhören.“
„Ahhh ein Notfall. Da möchte ich sie natürlich nicht aufhalten. Das ist sicher sehr wichtig. Meine Mutter…“
Hier sagte ich verzweifelt ganz schnell: „Tschüss Herr Miederfann“, legte auf, warf Desinfektionsmittel über meine Hände und das Telefon und begab mich unauffällig zum Notfallort.





2 Kommentare:

  1. Ich bewundere immer das exakte Timing meiner anrufenden Patienten: Entweder habe ich gerade beide Hände voll, balanciere auf einem Hochseil oder so, oder sitze gerade auf dem Clo. Gerade gestern erwischte mich meine geliebte Schwiegermutter, eine First-class-Patientin, als ich zu einem Notfall mußte. In der einen Hand den Notfallkoffer, in der anderen Hand die Unterlagen, in der dritten Hand die Autoschlüssel, in der vierten Hand mein kombiniertes Früh-, Mittags- und Abendbrot. In der sechsten Hand hatte ich eine Flasche Cola, so dass ich mit der siebten Hand noch das Handy benutzen konnte: "Hallo lieber Schwiegersohn! Habe ich dir schon von meinem Händerheuma erzählt?" - Ja, so ungefähr 2539mal. ;-)

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  2. Heyho :) Siebenhändigkeit ist natürlich super vorteilhaft. Oktopusgene?

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