„Also“, sagte mein ehemaliger Kollege Bort, „Willst du nicht in meine Superpraxis in der obskuren Beteigeuzer Umgebung kommen? Wir machen dir auch ein T-Shirt mit deinem Namen drauf.“
Nachdem das Klinik Beteigeuze schon vor einiger Zeit vom einem Vogonen induzierten Cluster übernommen worden war, war es dort in letzter Zeit auch nicht mehr so schön gewesen. Der Chefarzt begann morgendliche Reden zu halten in welchen er uns aufforderte möglichst viele Patienten aufzunehmen, die aber bitte nicht allzu lange bleiben sollten. Also möglichst DRG-Abrechnungs-angepasst. Langzeit-EKGs konnte man dafür nicht mehr so machen, weil es gab nur noch eins fürs gesamte Klinikum (der Rest war gerade kaputt. Für immer.) und vom Ultraschallgerät in der Notaufnahme war seit Monaten der Bauchschallkopf defekt, so dass man sich jetzt immer von einem anderen Gerät einen ausleihen musste, oder wenn das nicht ging, machte man halt einen schlechten Ultraschall mit einem nicht passenden Ultraschallkopf. Mit dem gesparten Geld konnten der Vogonen induzierte Cluster dafür den Eingang freundlicher umgestalten und ein großes Plakat anbringen auf dem stand: „Herzlich willkommen wir sind von Herzen mit unserem Herzen für sie da.“ Mit Symbolherz. In Vogonen Corporate Farben.
Enttäuscht vom geringen Rückgrat unseres Chefarztes und außerdem war ich jetzt ja lange genug da gewesen, dachte ich: „Machst du halt mal was anderes: Der Bort ist ja ein sehr vernünftiger Arzt. Gehst du zu dem.“
Entschlossen überreichte ich dem Chefarzt und der
Personalabteilung meine Kündigung. Nach so vier Wochen fragte die
Personalabteilung dann nach: „Weiß eigentlich ihr Chef, dass sie gekündigt
haben?“
Meine beste-Kollegen-die-man-haben-kann verabschiedeten mich schließlich
feierlich und das war wirklich sehr traurig. Die hätte ich gern behalten.
Kurz darauf trat ich also in Borts Praxis an zum Dienst. Man überreichte mir einen Haufen T-shirt auf denen Dr. Zorgcooperations stand und einen komplizierten Einarbeitungsordner auf dem ebenfalls mein Name stand. Dann nahm man mich mit zur Sprechstunde um mich in die Tiefen einer Hausarztpraxis einzuweihen.
Schnell bemerkte ich, wenn man beginnt in einer Praxis im obskuren Umland zu arbeiten, dann hätte man sich potentiell lieber einen Jeep mit Allrad gekauft. Kurz darauf stand ich also an Straßen, die nach oben führten, was im Schnee für diverse LKWs und auch Luxusautos mit Hinterradantrieb unvorteilhaft gewesen war. Zum Umdrehen und wieder Heimfahren war es jetzt auch zu spät, auf der Gegenfahrbahn, auf der man nicht ins Umland sondern ins Zentrum der Beteigeuzer Macht fuhr, steckten unzählig mehr Kraftfahrzeuge fest. Zwischendurch stieg ich aus um den Schnee um mein nicht so großes Auto ohne Allrad aber mit günstigem Vorderradantrieb umzuarrangieren, damit ich weiterfahren konnte. (Diese Autodetails waren mir bis dahin völlig unklar gewesen, aber man hatte mir gleich mehrfach zum klug ausgesuchten Vorderradantrieb gratuliert.)
Angekommen parkte ich in einem schneeverschneiten Parkplatz mit der Option diesen nie wieder zu verlassen. (Zum Glück war dies ein Bergparkplatz und als ich heimwollte, rutschte das Auto der Schwerkraft entsprechend unten am Parkplatz wieder raus; mein Kollege schaufelte sich zum Beispiel eine halbe Stunde lang frei, mit einer Schneeschaufel die für solche Notfälle (?!) in der Praxis bereit gehalten wurde.)
Äh ja.
„Also“ sagte Bort, „dies ist unser Praxissoftwareprogramm für Hausärzte und damit es für uns alle einfacher ist, haben wir ungefähr 1000 Kürzel einprogrammiert, die du benutzen kannst, für Fancy-Textbausteine, Standardrezepte und häufig benutzte Formulare.“ Innerhalb von Sekunden vergaß ich sämtliche Kürzel wieder. Als kluger Arzt legte ich mir daher ein unstrukturiertes Heft zum Kürzel-erinnern an, in dem ich dann bei Bedarf wild herumblätterte. Bevorzugt während der Patient erwartungsfroh auf den Ausdruck seiner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wartete.
„Hmhm“, sagte ich und versuchte verzweifelt mein falsch angelegtes Rezept zu löschen.
„Hast du schon deine Betäubungsmittelrezepte beantragt?“ fragte mich die Leitung der MFAs. „Öh nein?“ „Ja am besten du beantragst gleich 200 oder so.“ „Ok“, sagte ich und versuchte eine möglichst realistisch aussehende Unterschrift auf meinen Antrag zu kritzeln, während ich in Panik daran dachte wie in Zukunft die Bundesopiumstelle meine Unterschriften auf Ähnlichkeit analysieren würde. Was wenn meine Unterschriften nicht uniform genug wären?? ARGH.
„Aber bei Dr. Bort haben wir immer ein anderes Medikament bekommen, dessen Namen ich nicht weiß und das auch nicht in der Akte steht. Warum können sie das nicht aufschreiben?!“ sagte der Patient empört. „Also Dr. Bort ist heute auch nicht da. Heute bin ich ihr Hausarzt. Warum nehmen wir nicht mal stattdessen dieses neue Supermedikament!“ Grm.
Vielleicht kaufe ich mir einen Schneeschaufel für die Handtasche oder so.