Samstag, 28. Januar 2017

Problematisch integrierbar.



Frau Maiermie lebte in einem hübschen Pflegeheim, welches gegen den Uhrzeigersinn um Beteigeuze kreiste. Oder so ähnlich.
Eines Tages fiel Frau Maiermie aus dem Bett. Hierbei brach sie sich einen Arm und erlitt eine mittelschwere Gehirnerschütterung. Die Unfallchirurgen legten Frau Maiermie in ein bequemes Krankenhausbett, stellten aber schnell fest, dass sich Frau Maiermies hochgradige, hyperaktive und leicht aggressive Demenz nur schwer mit dem Stationsalltag vereinbaren ließ. Deswegen entließ man die Dame schnell wieder ins Heim. Getriggert durch den Krankenhausaufenthalt, war Frau Maiermie jedoch auch dort nicht mehr zu bändigen, woraufhin sie in die nächste Psychiatrie eingewiesen wurde. Dort stellten die Psychiater alarmiert fest, dass die Patientin etwas Fieber habe UND Blut im Urin. Sofort wurde Frau Maiermie zurückverlegt, diesmal in urologische Betreuung.
Frau Maiermie, über das ganze Hin- und Her wenig erfreut, war auch hier nicht in den Stationsalltag integrierbar, so dass der Stationsarzt schon nach wenigen Stunden beschloss, mit dieser Unruhe und dem Infekt, wäre die Patientin auf einer Normalstation einfach schlecht versorgt und müsse am besten ja wohin jetzt … ah auf die Intensivstation.
Superidee. Gedacht, getan. Frau Maiermie wurde relokalisiert. Angekommen auf der Intensivstation begab sich nun auch ein urologischer Oberarzt zum Ort des Geschehens und sagte schließlich resolut: „Die Patientin hat doch überhaupt kein Blut im Urin. Folglich hat sie auch kein urologisches Problem!“ Dann kickte der urologische Oberarzt, die Patientin aus dem urologischen Fachbereich.
Jetzt hatte die Intensivstation also eine Patientin ohne, dass jemand zuständig war und die goldene Regel hier lautet: „Wenn sich keiner zuständig fühlt, dann muss es ein internistisches Problem werden.“
Daraufhin rief man den internistischen Dienstarzt an und teilte ihm mit, er hätte jetzt eine neue Patientin auf der Intensivstation.
Verwirrt begab ich, welche ich den Dienstarzt, dumm wie es nun war, darstellte, zur Intensivstation. Nach Besichtigung von Frau Maiermies Unterlagen stellte ich dann fest, dass diese zwar sicherlich einen Infekt hatte, aber ganz sicher keinen, den man auf einer Intensivstation behandeln musste. Ganz davon abgesehen, dass man sich bei hochgradig dementen Personen eine intensivmedizinische Behandlung gut überlegen sollte.
Nun denn ich setzte also ein Antibiotikum an, denn daran hatte in der ganzen Rumschieberei auch keiner gedacht, telefonierte mit den Psychiatern um Frau Maiermie zumindest eine medikamenteninduzierte ruhige Nacht und nicht ganz so aufregende folgende Tage zu ermöglichen. Und um Frau Maiermie nicht durch eine erneute Verlegung auf eine internistische Normalstation weiter zu stressen, durfte sie über Nacht auf der Intensivstation schlafen. 


Samstag, 21. Januar 2017

Hoch lebe das Norovirus… äh moment… doch nicht.



Es ist Winter. Hoch lebe der Norovirus. (So vermutlich die aktuelle Parole der Noroviren.)
So trägt sich nun in dieser öh Blütezeit des Norovirus gehäuft jene Begebenheit in der ein oder anderen Variation zu.
Patient Borgmüller, ein rüstiger Rentner, traf auf einen seiner vielen Unternehmungen auf so ein Norovirus und lag nun denn mit Magendarmgrippe darnieder. Durch einen dummen Zufall bekam dies nun das Kind Borgmüller mit und riet in diesem Fall doch den Hausarzt zur Rate zu ziehen. Der Hausarzt war jedoch schon im Feierabend. Der ärztliche Notdienst sollte jetzt her. Der ärztliche Notdienst, unsicher was er mit diesem ihm unbekannten Patienten nun anfangen sollte, verwies Herrn Borgmüller zur Sicherheit an das lokale Krankenhaus. Das habe Erfahrung mit Norovirus.
Gerade hätte man zum Beispiel alleine deswegen Isolierzimmer eingerichtet, öh und außerdem zwei weitere Station wegen erkranktem Personal ganz geschlossen.

Herr Borgmüller wurde freundlich durch die Notaufnahme geschleust, bekam eine Infusion und ein bewährtes Mittel gegen Übelkeit.
„So“, sagte ich dann, „jetzt haben wir alle Befunde beisammen, da besprechen wir das gerade. Wie geht es ihnen jetzt?“
„Ja, supergut“, sagte Herr Borgmüller, „und ich möchte wirklich gerne wieder heimgehen.“ „Ah gut, das wollte ich hier auch vorschlagen. Ihre Blutwerte sind gut, unsere Restuntersuchungen auch. Sie sollten sich halt ein paar Tage schonen, im Bett rumliegen, Tee trinken uns so.“
„Jaja“, sagte Herr Borgmüller, dies sei nicht der erste Magendarminfekt den er gehabt hätte und ließ sich von einem Freund heimfahren.

Es folgte nun der Anruf von Kind Borgmüller: „Aber WARUM haben sie meinen Vater wieder heimgeschickt?!“ „Öh nun ja, wir nehmen Patienten mit infektiöser Magen-Darm-Grippe nur auf, wenn unbedingt nötig. Wir haben im Augenblick keine Isolierzimmer mehr und um ein Einzel-Isolier-Zimmer für ihren Vater zu bekommen, müsste ich andere nicht infektiöse, aber trotzdem kranke Patienten aus dem Zimmer in den Flur legen. Das machen wir wirklich nur, wenn unbedingt nötig. Ihr Vater war bei uns die ganze Zeit kreislaufstabil…“
„Halt, woher wollen sie das denn wissen?“
„Wir sind eine Notaufnahme. Wir messen regelmäßig die Vitalparameter der Patienten.“
„Aber mein Vater ist krank!“
„Ja durchaus. Diesen Infekt kann er aber gut zuhause auskurieren. Seine Symptome wie er sie beschreibt und wie wir sie in der Aufnahme beobachtet haben, sind nicht so schlimm, dass er hier bleiben muss.“
„Hmpf, also ich sage ihnen, in der Uniklinik 10.000 km entfernt von Beteigeuze da wäre das anders gelaufen! Da hätte man meinen Vater aufgenommen!“
„Hmhm ok. Wir haben das anders entschieden.“
Das Kind Borgmüller legte unzufrieden auf. Herr Borgmüller überstand wohl alles gut.


Samstag, 14. Januar 2017

Diese Strategie.



„Sie haben also diesen Husten seit ein paar Tagen und da waren sie gestern beim Hausarzt.“
„Ja genau, so war das. Aber ich sage Ihnen das ist einfach nicht besser geworden!“
„Ah hmhm, und sie sagten, der Hausarzt habe ihnen da auch was verschrieben gegen den Husten.“
„Ja. Das habe ich gleich gestern in der Apotheke geholt. So was zum Inhalieren und dann noch so Tropfen.“
„Ok. Und das hilft Ihnen gar nicht?“
„Äh, naja, die Sachen habe ich noch nicht ausprobiert.“
„Ah.“
„Ja, ich dachte ich komme lieber gleich ins Krankenhaus.“
„Ahm, diese Strategie ist für mich jetzt nur so mittelmäßig nachvollziehbar. Wie wäre es, wenn sie zuerst die Empfehlungen des Hausarztes ausprobieren?“
„Wenn sie meinen…“